Seit 1. Jänner gilt in der Sozialwirtschaft Österreich, Caritas, Diakonie, den Mobilen Dienste und dem SOS-Kinderdorf die 37-Stunden-Woche. „Ein Erfolg, dem ein massiver Arbeitskampf inklusive Streikmaßnahmen vorangegangen ist“, jubeln die überwiegend sozialdemokratischen Gewerkschaftsspitzen von GPA und vida.
Unbestritten die Arbeitszeitverkürzung ist ein positiver Schritt in die richtige Richtung. Nur, der Arbeitskampf war auf eine 35-Wochen-Stunde. Mit der Corona-Krise, mit dem Stopp der KV-Verhandlungen und des Arbeitskampfes und mit dem zumindest „komischen“ Abschlussverfahren bleib es nur bei eine Stunde verkürzte Arbeitszeit nach zwei Jahren.
Zur Erinnerung, trotz des vereinbarten Verhandlungsstopp wurden (fast) alle von einem überfallsartigen und diskussionsverweigernden Rundlauf-Drei-Jahres-Abschluss überrumpelt. Vergangen und vergessen, jetzt profitieren ja unsere viel beklatschten „Held*innen der Arbeit“ zumindest von der etwas verkürzten Arbeitszeit.
Zu einer sinnvollen Arbeitszeitverkürzung gehören allerdings auch Gehalts- und Personalausgleich. Schon beim Lohnausgleich hapert´s „ein bisschen“. Die monatliche Börsel-Befüllung bleibt zwar unverändert, die um eine Stunde verkürzte Arbeitszeitverkürzung gilt allerdings als der Ersatz der diesjährigen monetären Inflationsabgeltung. Das Gehalt wurde so wertgeschmälert, oder anders gesagt, die Kolleginnen zahlen sich ihre Arbeitszeitverkürzung selbst.
Auch der Effekt des Personalausgleichs ist fragwürdig, denn den zahlreichen Teilzeitkräften wird die vereinbarte Arbeitszeitverkürzung durch die Aufstockung ihrer Teilzeitquote einfach abgekauft. Und den wenigen Vollzeitkräften der Branche wird zwar die Arbeitszeit verkürzt, allerdings oftmals nicht deren Arbeitsleistung. Anders gesagt, auch der Personalausgleich wird den Beschäftigten aufgebürdet. Trotzdem war es wichtiger Kampf. Er zeigte, dass Arbeitszeitverkürzung ein wesentlicher Wunsch der Gesellschaft ist.
(erschienen in der GLB-Zeitschrift „Die Arbeit“ Nr 1/2022)
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