Der GLB in Wien, OÖ und Kärnten geht optimistisch in die AK-Wahl. In Oberösterreich gilt es ein Mandat und in Wien zwei Mandate zu verteidigen. Die Spitzenkandidaten und AK-Räte Daniel Steiner (OÖ) und Oliver Jonischkeit (W) und die Kärntner Spitzenkandidatin Cristina Tamas in einem Gespräch (Die Arbeit Nr. 1/2024) mit dem „Die Arbeit”-Herausgeber Josef Stingl.
Warum kandidiert ihr für den GLB?
Oliver: In der vergangenen Periode ist es uns in der AK Vollversammlung, also dem „Arbeiter:innenparlament“ gelungen, Akzente für bessere Arbeitsbedingungen, für Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich, für wirkungsvolle Teuerungsmaßnahmen, für Neutralität und gegen Krieg und auch gegen die drohende Gefahr von rechts zu setzen. Diese Arbeit möchte ich gerne mit meinem Team, das aus engagierten Kolleg:innen verschiedener Branchen besteht, fortsetzen.
Cristina: Es braucht eine nüchterne linke Kraft als Interessensvertretung aller Arbeitnehmer:innen, die die etablierten Mandatar:innen samt Sozialpartnerschaft hinterfragt.
Daniel: Ich mach´s kurz: Weil ich Antifaschist bin. Weil mir der Kapitalismus am Arsch geht. Und weil ich Druck von Links für essenziell halte!
Was läuft eurer Meinung derzeit politisch verkehrt?
Daniel: Seitens der Unternehmerverbände wird immer ungenierter Klassenkampf von oben betrieben. Man ist nicht einmal bereit, die Inflationsverluste bei Lohn und Gehalt auszugleichen.
Die Kollektivverträge werden ausgehöhlt – die sogenannte Wettbewerbsklausel im Metaller-KV ist nichts anderes als die Öffnung der Büchse der Pandora. Denn was ist ein KV-Abschluss wert, wenn sich 25 Prozent der Firmen nicht daran halten und 45.000 Kolleg:innen massive Gehaltseinbußen in Kauf nehmen müssen?
Gleichzeitig scheint der gesamte Politbetrieb ängstlich wie ein Kaninchen auf die Schlange Kickl bzw. FPÖ zu starren. Anstatt die großen Probleme unserer Zeit in Angriff zu nehmen, werden Scheindebatten geführt und Vorurteile und Hass gegenüber Sozialhilfeempfänger:innen und Arbeitslosen bzw. Rassismus und Ausländer- feindlichkeit geschürt.
Oliver: Während Milliarden Euro in die Aufrüstung des Bundesheeres gesteckt werden, können sich immer mehr Beschäftigte das Leben kaum noch leisten. Arbeitslose, aber auch viele – oft unfreiwillig Teilzeitbeschäftigte, meist Frauen in sogenannten „Niedriglohnbranchen“, landen ohnehin sehr schnell in der Armutsfalle.
Dazu gehören z.B. auch viele in der mobilen Pflege, die ihr eigenes Auto für die Arbeit verwenden müssen – und da auch noch draufzahlen, weil das km-Geld seit Jahren nicht erhöht wird. Dazu kommen Reallohnverluste, nachdem oft nicht einmal die sogenannte „rollierende Inflation“ bei den Löhnen und Gehältern ausgeglichen wurde. Das ist in Wirklichkeit eine Verteilung von unten nach oben.
Cristina: Es werden prekäre Arbeitsplätze um jeden Preis geduldet, sogar gefordert und dieser Preis ist sehr hoch.
Welche Herausforderungen seht ihr dadurch?
Oliver: Wien ist angeblich die „lebenswerteste Stadt der Welt“ – das ist sie aber nur für jene, die weder armutsgefährdet noch bereits in der Armutsfalle gefangen sind. Auch beim Gesundheitswesen krankt es – auch wenn das der zuständige Stadtrat Hacker gerne in Abrede stellt: Personalmangel, geschlossene Abteilungen und Gangbetten in jenen Stationen, die noch geöffnet sind, sind in Wiener Spitälern Realität. Entsprechend überlastet sind dann natürlich die Pflegekräfte. Es gibt also viel zu tun, damit Wien auch die „lebenswerteste Stadt“ für alle wird.
Daniel: Es muss auch unter den aktuell schwierigen Bedingungen multipler Krisen – Stichworte Inflation, Krieg und Klimawandel – gemeinsam für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen für uns Arbeitnehmer:innen gekämpft werden: Kräftige Lohnerhöhungen, eine Miet- und Energiepreisbremse, eine Absicherung des Pensionssystems, soziale Absicherung prekär Beschäftigter, eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, die Schließung des Gender-Pay-Gaps, der Ausbau des öffentlichen Verkehrs, sozial gerechte Klimapolitik, qualitativ hochwertige Kinderbetreuung, ein funktionierendes Gesundheitssystem – all das ist möglich! Dazu braucht es starke und kämpferische Gewerkschaften und Arbeiterkammern – und die wird es nur mit einem deutlich gestärkten GLB geben!
Cristina: Es gilt den Spagat zwischen dem Erhalt von Arbeitsplätzen und der Chance für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen zu erreichen.
Wobei wir schon beim Inhalt sind, was sind eure wichtigsten Themen?
Daniel: Wie bereits erwähnt, ein gutes Leben für Alle ist möglich, daher fordern wir vom GLB OÖ: Arbeit muss sich wieder lohnen. Das verlangt Löhne und Gehälter, von denen man auch leben kann, preisregulierte Grundnahrungsmittel und Energie, gesetzliche Obergrenzen für alle Mietformen und mehr Zeit fürs Leben durch eine 30-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich.
Mit dem Recht auf Hausärzt:innen und ein flächendeckendes Angebot an Kassenärzt:innen muss Schluss mit der Zwei-Klassen-Medizin sein. Für unsere Kleinsten braucht es eine Kindergrundsicherung und qualitativ hochwertige Kinderbetreuungsangebote. Nicht zu vergessen die Solidarität mit den Schwächsten: Menschenwürdiger Vollzug der Sozialhilfe und eine Notschlafstelle für jeden Bezirk in OÖ!
Oliver: Dem kann ich nur beipflichten. Für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen ist eine rasche Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich ebenso nötig wie ein Mindestlohn von 2.400 Euro. Jene Milliarden, die für Drohnen, Kampfpanzer, Sky Shield, Langstreckenraketen und ähnliches beim Fenster hinausgeworfen werden, um Österreich „kriegsfähig“ zu machen, sollen besser für die Daseinsvorsorge – z.B. für die Pflege – verwendet werden.
Und Wohnen muss endlich für alle leistbar werden – daher setzen wir uns dafür ein, dass die Stadt Wien hier rasch entsprechend handelt. Menschenwürdiges Wohnen ist ein Grundrecht und nicht für Spekulationen und die Profitmaximierung einiger Immobilienhaie geeignet.
Cristina: Insgesamt zeigt alles, dass der „Markt“ vielleicht für manche Konzerne und deren Profite gut ist, oft jedoch nicht für die Menschen. Daher bleiben wir dabei: Für bestimmte Grundnahrungsmittel, für die Daseinsvorsorge, fürs Wohnen und für die Energieversorgung braucht es amtliche Preisregelungen und -eingriffe.
Und euer Zukunftsblick?
Daniel: Die größte Herausforderung für die Zukunft wird es auf allen drei Ebenen sein, die Demokratie und die Freiheit gegenüber dem aufkeimenden (Neo-)Faschismus zu verteidigen. Dabei wird uns Linken eine Schlüsselrolle zukommen.
Gelingt es uns vereint den Gegner:innen von Demokratie und sozialem Fortschritt entgegenzutreten und die Zukunft unseres Planeten positiv zu gestalten oder spalten wir uns aufgrund persönlicher Eitelkeiten und sinnbefreitem Dogmatismus bis zur Bedeutungslosigkeit auf und überlassen unsere Welt den zerstörerischen Kräften der Reaktion und den rücksichtslosen Profitinteressen des Kapitals?
Cristina: Nebst dem bundesweiten GLB-Programm starteten wir in Kärnten eine Aktion für die Energiegrundsicherung. Wir verlangen dabei von Landesregierung und Energiewirtschaft ein Energie-Ticket einzuführen für alle. Damit soll der jährliche Energie-Grundbedarf in Höhe von 2.000 kWh pro Person und zusätzlich 1.200 kWh pro Haushalt für jeden und jede entgelt- und netzgebührenfrei gesichert werden. Kein Haushalt soll in der Energiefalle stecken, niemand soll von Energiearmut betroffen sein. Gleichzeitig mit der Einführung des Energie-Tickets sollen die Grundgebühren und die Mehrwertsteuer auf Energiekosten für private Haushalte gestrichen werden, weil sie anteilsmäßig ärmere Haushalte deutlich stärker belasten.
Oliver: Daher geht es darum, die laufenden Angriffe gegen den Sozialstaat abzuwehren und diesen auszubauen. Aber auch darum, sich dafür gemeinsam mit den Kolleg:innen einzusetzen. Nicht für, sondern mit den lohnabhängig Beschäftigten für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Auch wenn es um bessere Löhne und Gehälter geht.
Hier ist branchenübergreifende Solidarität besonders gefragt. Nicht allein, sondern auch gemeinsam auf die Straße gehen, wenn dies nötig ist. Global gesehen hat der Kapitalismus versagt – während die Reichen immer reicher werden, verhungern täglich Menschen und sterben in Kriegen, von denen andere – inklusive der Rüstungsindustrie – profitieren. Am langfristigen Ziel, für eine Welt ohne Ausbeutung und Krieg zu kämpfen, hat sich nichts geändert. Das ist überlebenswichtig für die gesamte Menschheit.
Was ist euer Wahlziel?
Cristina: Unser Wahlziel ist, nach Wien, der Steiermark, Oberösterreich, Salzburg und Tirol zukünftig auch in Kärnten ein GLB-Arbeiterkammermandat zu erreichen.
Oliver: In Wien kandidieren 16 Listen. Die meisten fühlen sich einer in der Realität nicht vorhandenen „Sozialpartnerschaft“ verpflichtet. Wir fühlen uns nur den Mitgliedern verpflichtet und möchten uns entsprechend auch künftig in der Vollversammlung einbringen. Wir haben derzeit zwei Mandate. Ziel ist der Wiedereinzug ins „Arbeiter:innenparlament“ – mit drei Mandaten ist der Fraktionsstatus erreicht, das wäre ein Erfolg, den wir gerne anstreben.
Daniel: Auch zum Abschluss kurz und bündig: Eine deutliche Stärkung des GLB!
Antworten