Interview mit Vorarlberger Linksgewerkschaftern
Diesmal bat „Die Arbeit“ einen Metallarbeiter und einen Justizwachebeamten zum Gespräch. Unterschiedlichste Berufsfelder, aber beide, Andreas Spechtenhauser (Fa J. Blum GmbH) und Christian Wick (Justizanstalt Feldkirch) und arbeiten in Vorarlberg und sie wurden mit einer GLB-Liste zum Betriebsrat, bzw. Personalvertreter gewählt. Die Fragen stellte Josef Stingl und dankt für die spannenden Antworten
Christian und Andreas was hat euch motiviert als Betriebsrat bzw. Personalvertreter zu kandidieren, gab es dafür ein Schlüsselerlebnis?
Christian: Ein explizites Schlüsselerlebnis gab es keines. Bei meiner Ausbildung kam es zum ersten – rückblickend völlig naiv – Gewerkschaftskontakt. Am Arbeitsplatz merkte ich rasch, dass meine Personalvertretung in Fraktionen „gespalten“ war, die als Fingerspitzen der langen ÖVP- und SPÖ-Parteiarme agierten. Meine Motivation lag in etwas anders zu machen.
Andreas: Ich war ja schon vor meiner Betriebsratstätigkeit im GLB aktiv. Viele meiner KollegInnen waren frustriert, bei Betriebsratswahlen immer nur eine Liste wählen zu können, also gar keine Alternative zu haben. Also wollte ich den ArbeiterInnen eine Alternative bieten und hab eine GLB- Liste eingereicht, die mehrheitlich aus unabhängigen Kandidat*innen bestand. Unser Ziel war es, den Informationsfluss vom Betriebsrat zur Basis zu verbessern.
In Vorarlberg ist es sicher nicht alltäglich das Linksgewerkschafter kandidieren und Mandate machen. Seht ihr diesbezüglich erschwerte Bedingungen?
Andreas: Die Anfänge waren von gegenseitigem Misstrauen geprägt Auch ich musste erst lernen, zu akzeptieren, dass es eben auch andere Meinungen oder Herangehensweisen gibt. Aber während alle anderen BR-Mitglieder mit einer eigenen Email-Adresse Zugang zum Intranet des Betriebs hatten, standen wir außenvor. Aber wir konnten das ändern.
Christian: Eine Kandidatur für „die alten“ Fraktionen kam für mich nicht (mehr) in Frage. Und die Zeit als freier Mandatar war schwierig, Informationen flossen zäh. Für mich links-liberalen kamen weder FSG noch Grüne (aufgrund ihrer Regierungsbeteiligung) in Frage. Nachdem ich sich vieles was ich in der „Die Arbeit“ und der GLB-Homepage gelesen habe mit meiner Sicht deckte, entschied ich mich für eine GLB-Kandidatur. Ich wandere so außerhalb von Seilschaften ausgetretenen Pfaden und die Kolleg*innen waren bereit ihr Kreuz „links“ zu machen. Der Versuch ihre GLB-Wahl mit antikommunistischen Schreckgespensten zu verhindern, beleidigte nur ihre Intelligenz.
In welchen Fällen wenden sich die Kolleg*innen lieber an euch, als an die Mehrheitsfraktion?
Christian: Das kann ich nicht beurteilen, weil ich natürlich nicht weiß mit welchen vertraulichen Dingen sie sich andere Fraktionen wenden.
Andreas: Oft liegt es nur an der räumlichen Nähe. Ich bin eben da und sie müssen nicht extra einen Termin machen. Vorher hatten sie manchmal das Gefühl nicht besonders gut vertreten worden zu sein. Und, etliche mögen es nicht, wenn alle ihre Vorgesetzten davon erfahren, dass sie den BR-Vorsitzenden kontaktieren.
Was bedeutet die enorme Teuerungselle für die kommenden Lohnrunden?
Christian: Generell gilt: Die Abschaffung der kalten Progression ist dringend notwendig und Einmalzahlungen als Antwort sind Schwachsinn! Wir brauchen Einstiegsgehälter, die den Jungen einen anständigen Start erlauben und Lohnanpassungen, die den Standard halten. Unterm Strich ist die Teuerung aber primär eine Frage an Politik Gesellschaft. Die Personalvertretung kann politischen Forderungen nur den Nachdruck verleihen, den es braucht. Außerdem ein Dauerbrenner ist wieviel viel uns die Pflege unserer Mitmenschen wert sein wird. Eine Antwort lässt sich dabei in den Gehältern und Arbeitsbedingungen der Pflegeberufe ablesen.
Andreas: Wie jedes Jahr erhoffe ich mir mutige und kämpferische Lohnverhandlungen. Leider muss aber befürchtet werden, dass die Gegenseite nicht Willens sein wird, auch nur die Inflation abzugelten. Es wird also spannend!
Welche Herausforderungen erwartet ihr in den kommenden Jahren?
Andreas: Wir wählen im Herbst einen neuen Betriebsrat. Ich werde mich nicht mehr überraschen lassen, wie zum Beispiel von Aktionen der Führungsriege gegen unsere Kandidatur (Entfernen von Infoblättern oder Vernichten von Wahlgeschenken). Ich bin überzeugt davon, gestärkt und mit Mandatsgewinn aus diesen Wahlen hervorzugehen.
Christian: Es gelingt kaum Stellen nachzubesetzen. Dies führt zu steigender Belastung der bestehenden Belegschaft, Krankenstände steigen und werden länger und länger. In diesem Spannungsfeld die Interessen der Kolleg*innen zu vertreten wird uns sicher in dieser restlichen aber auch noch in der nächsten Funktionsperiode beschäftigen.
(erscheinen in der GLB-Zeitschrift „Die Arbeit“ Nr.2/2022)
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