Wohnungsnot in Innsbruck: Sein oder Nichtsein, das ist die Frage

In Österreich herrscht Pflege(personal)notstand. Was wäre, wenn die Bundesregierung diesen mit der Begründung der neuen Pflegelehre und dem daraus zu erwartenden Pflegepersonal verneinen würde? “Unding”, „unmöglich“, “Wahnsinn”, „Idiotie“ oder ähnlich wären darauf die Reaktionen. Solch ein Unding schuf aber jetzt die schwarz-rote Tiroler Landespolitik bei der Innsbrucker Wohnungsnot.

Der Innsbrucker Gemeinderat hat sich vor zwei Jahren an das Land gewandt und um die Ermächtigung zur Anwendung des Bodenbeschaffungsgesetzes von 1974 angesucht. Immerhin waren zu diesem Zeitpunkt bei rund 132.000 Einwohner:innen über 5.000 Menschen für eine Stadtwohnung vorgemerkt. Und sobald mehr als zwei Prozent der Bevölkerung als wohnungssuchend gemeldet sind, ist nach dem Text des Bodenbeschaffungsgesetzes der quantitative Wohnungsfehlbestand und damit eine wesentliche Voraussetzung für die Anwendung dieses Gesetzes gegeben.

Gut Ding braucht Weile oder das Finden eines Schönrechnen-Tricks dauert eben 

Zwei Jahre nach dem Antrag (?!?), bei einem Stand von 4.630 in Innsbruck registrierten Wohnungssuchenden (3,49 %) folgte der Bescheid. Das Land lehnt das Ansinnen ihrer Stadt Innsbruck mit einer sonderbaren Begründung ab. Laut Rechnung der Tiroler Abteilung Bau- und Raumordnung liegt der Innsbrucker Wohnbedarf bei nur 1,74 Prozent . Das Land bestreitet zwar nicht die lange Warteliste, stellt aber die 2052 derzeit in der Bau- oder Planungsphase befindlichen geförderten Wohnungen den Wohnungssuchenden gegenüber, um so die Anzahl der Wartenden rechnerisch unter die Zwei-Prozent-Schwelle zu drücken. 

Dieser mathematische Geniestreich des schwarz-roten Mattle/Dornhofer-Pärchen entbehrt jeglichen Realitätssinn, denn die betroffenen Frauen und Männer, Familien und Kinder suchen jetzt und nicht irgendwann eine Bleibe. Wenige von ihnen werden, falls sie es sich irgendwie leisten können, vielleicht am privaten Wohnungsmarkt einen Ausweg finden. Trotzdem ist nicht zu erwarten, dass bis zur Fertigstellung der geplanten Wohnflächen keine neuen Wohnungssuchenden auf die Liste kommen und diese dadurch kürzer würde.

Die Reaktionen der Parteien fallen unterschiedlich aus: Der ÖVP gefällt’s, sind doch keine Eingriffe ins Eigentum notwendig. Die Grünen und die Alternative Liste Innsbruck (ALi) reagieren bestürzt. Interessant die Haltungen von KPÖ und SPÖ. Die KPÖ spricht richtigerweise von einem Taschenspielertrick. In der Begründung deutet sie diesen Trick allerdings falsch und die Sozialdemokratie zeigt sich gespalten. Die rote Vizebürgermeisterin Elli Mayr sieht Wohnungsnot, ihr Landesparteichef Georg Dornhofer verteidigt das Landes-Veto dagegen vehement, denn überschießende Eingriffe oder Enteignungen sind für den SP-Jorsch´l ein rotes Tuch.

Interessant an der schwarz-roten Landesrechnung ist, dass im Text des Bodenbeschaffungsgesetzes nichts davon steht, dass die geplanten und im Bau befindlichen geförderten Wohnungen vom Wohnbedarf abzuziehen sind. Die kreative Mathematik dient also nur dazu, sich vor der Verantwortung zu drücken. Bleibt die Frage, wird die Stadt Innsbruck den Weg des Widerspruchs und der rechtlichen Prüfung beschreiten?

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