Zum schämen!

„Die Erwerbsquote liegt bei Männern bei 83,3 Prozent und bei Frauen bei 71,6 Prozent“, jubelt der Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher. Der Leiter des Konjunkturreferats der OeNB, Gerhard Fenz, schränkt ein, das am heimischen Arbeitsmarkt nur “bedingt alles gut” ist. Es wurden ausnahmslos Teilzeitarbeitsplätze geschaffen, die Zahl der Vollzeitjobs ging hingegen bei beiden Geschlechtern zurück.

Das erklärt das Ergebnis einer anderen Statistik: Trotz der hohen Erwerbsquote steigt in Österreich die Zahl der Armutsgefährdeten. Laut EU-SILC zu Einkommen und Lebensbedingungen waren das 2022 in Österreich insgesamt 331.000 Menschen – elf Prozent mehr als noch 2021.  Viele der Armutsgefährdeten – meist Frauen – sind trotz Lohnarbeit von Armut gefährdet. 

Das gilt aber nicht nur für Teilzeitbeschäftigte, in Österreich hat selbst bei Vollzeitbeschäftigten Armutsgefährdung kein Seltenheitswert. Sieben Prozent aller ganzjährig Vollzeitbeschäftigten arbeiten mit Einkommen an oder unter der Armutsschwelle. Bei den Teilzeitbeschäftigten liegt die Quote bereits bei zehn Prozent und bei den zahlreichen (Schein-)Selbständigen noch weit darüber.

Die Teuerung hält uns in den Fängen. Nachhaltige Eingriffe werden von der Regierung standhaft verweigert. Die Wohn- und Lebenskosten ziehen den Löhnen und Gehältern davon. Alleine im vorigen Jahr mussten die Lohn- und Gehaltsabhängigen beim Reallohn ein Minus von 2,9 Prozent verkraften. 

Ein Umstand, den die neoliberalen Spindoktoren, beispielsweise IHS-Chef Holger Bonin, nicht abhalten, auch in Zukunft Lohnzurückhaltung (richtigerweise Lohnraub) zu verlangen. Und das obwohl seit der Jahrtausendwende in der Hälfte der Jahre die Netto-Reallöhne gesunken sind.

(„Die Arbeit“ Nr. 3/2023)

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