Im Vorfeld der ungarischen Parlamentswahlen waren alle Meinungsforscher*innen davon überzeugt, dass der rechtsnationale Viktor Orbán seine Zweidrittelmehrheit nicht verteidigen kann, aber nicht vom Thron gestoßen werden kann. Das Wahlergebnis war dann doch eine Überraschung. Allen Umfragen zum Trotze, kann die Fidesz-KDNP-Regierung wieder auf eine Zweidrittelmehrheit im Parlament setzen. Das obwohl diesmal die Opposition gemeinsam zur Wahl antrat.
Zur Erinnerung, bei den vorangegangenen Wahlen sind die Oppositionsparteien noch unabhängig voneinander angetreten. Diesmal schlossen sich MSZP (sozialdemokratisch), DK (linksliberal), Párbeszéd (sozialdemokratisch-grün), LMP (grün-liberal), Momentum (bürgerlich-liberal) und Jobbik (rechtsaußen) zu einer Wahlallianz zusammen.
Und dieser „schmutzige“ Zusammenschluss mit dem „Fidesz-light“-Spitzenkandidaten Peter Marki-Zay zeigt sich jetzt schwer enttäuscht: „Es war ein ungleicher Kampf mit einem auf Fidesz begünstigten am Wahlsystem.” Marki-Zay: „Die Fidesz hat nur aufgrund dieses Wahl-Systems gesiegt.“
Ja, das ungarische Wahlsystem begünstigt Orban, aber das ist nicht der einzige Grund für Orbáns Wahlsieg. Dazu gehören auch seine Preisstopps bei Grundversorgungsmittel, sein Einfrieren des Benzin- und Dieselpreis und sein Umgang mit dem Ukrainekrieg mit der Unterstützung der EU-Sanktionen, aber der strikten Verweigerung von den Waffenlieferungen und Waffentransporten durch Ungarn.
Und natürlich muss sich auch das Oppositionszweckbündnis die Frage gefallen lassen, ob das „NO-GO“ zwischen Mittelinks und Rechtsaußen nicht mehr geschadet als geholfen hat. Die direkte Sitzverteilung der Einzelkandidat*innen in den Wahlkreisen lässt zumindest darauf schließen. Die Fidesz-KDNP erreichte hier 83 Prozent (88 Mandate) und das Oppositionsbündnis 17 Prozent der (18 Mandate). Welche Sozialdemokrat*in will schon eine Rechtsaußen-Jobbnik-Kandidat*in wählen und umgekehrt?
Der Vollständigkeit halber noch das vorläufige Gesamtergebnis: Zukünftig wird die Fidesz-KDNP mit 135 Sitzen, das Oppositionsbündnis mit 56 Sitzen, die rechtsextreme Partei „Meine Heimat” mit 7 Sitzen und die ungarisch-deutsche Minderheit mit einem Sitz im Parlament vertreten sein.
Referendum endet mit Niederlage für Orbán
Am Tag der Parlamentswahlen fand auch ein Referendum über Orbáns homophobe Gesetzgebung statt. Obwohl der Anteil der Nein-Stimmen hoch ausfiel, haben relativ viele (etwa 20% der Wähler) eine ungültige Stimme am Sonntag auf die vier Fragen abgegeben.
Es wäre nur dann gültig, wenn mehr als die Hälfte der Wähler*innen eine gültige Stimme abgibt und mehr als die Hälfte die gleiche Antwort abgeben. Insgesamt gibt es allerdings nur 44.5 Prozent an gültigen Stimmen.
Die vier Fragen des Referendums waren:
- Sind Sie dafür, dass Kinder in öffentlichen Schulen ohne Zustimmung der Eltern am Unterricht zur sexuellen Orientierung teilnehmen?
- Sind Sie dafür, dass Kindern Informationen über geschlechtsangleichende Behandlungen gegeben werden?
- Sind Sie dafür, dass Medieninhalte sexueller Natur, die sich auf die Entwicklung von Kindern auswirken, ihnen ohne Einschränkungen präsentiert werden dürfen?
- Sind Sie dafür, dass Kindern Medieninhalte zur Geschlechtsumwandlung gezeigt werden?
(veröffentlicht auf „Unsere Zeitung„)
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