Mit „Wermutstropfen“ Zwangsurlaub?

Finanzminister Gernot Blümel und Arbeitsminister Martin Kocher (beide ÖVP) sind sich mit den Sozialpartner*innen AK; ÖGB und WKO einig; Ab Juli werden es zwei Modelle der Kurzarbeit nebeneinander angeboten:

1. Corona-Kurzarbeit*

Für die besonders betroffenen Branchen, die weiter unter pandemiebedingten Schließungen oder Lockdown-Maßnahmen fallen und mindestens 50 Prozent Umsatzausfall haben, gelten bis Jahresende im wesentlichen die selben Bedingungen wie bisher:

  • die Arbeitszeit kann bis auf null Prozent sinken
  • der Lohnausgleich liegt bei 80 bis 90 Prozent des früheren Nettolohns
  • Umsatzberechnung: Umsatzrückgang im 3. Quartal 2020 im Vergleich zum 3. Quartal 2019
  • Laufzeit vorläufig bis Jahresende 2021

2. Reguläre Kurzarbeit*

Für die anderen Branchen, die weniger betroffen sind, wird es ein Übergangsmodell mit reduzierter Förderhöhe geben

  • Nettoersatzraten für die Arbeitnehmer bleiben gleich
  • 50-prozentige Mindestarbeitszeit und ein verpflichtender Urlaubsabbau von einer Woche je angefangener zwei Monate Kurzarbeit
  • Abschlag von 15 Prozent von der bisherigen Beihilfenhöhe, den die Unternehmer tragen müssen
  • Laufzeit bis Sommer 2022
  • Zwischen zwei Kurzarbeitsphasen wird es mit Zustimmung der Sozialpartner die Möglichkeit zum Personalabbau geben

Gut, die Nettoersatzraten bleiben bei den 80 bis 90 Prozent des Vollzeiteinkommens. Aber was bedeutet die angekündigte Zwangsurlaubsmaßnahmen. Gilt das nur für alten Urlaubsanspruch oder auch für den aktuellen? Im Vorfeld war im Kurier noch zu lesen, dass „die Gewerkschaft darauf pocht, dass Urlaub nur einvernehmlich zwischen Arbeitgeber*innen- und -nehmer*innen vereinbart werden kann“.

Jetzt nach der Einigung Jubeltöne von AK-Präsidentin Renate Anderl („gelungen, gut und für beide Seiten sehr wichtig“) und ÖGB-Präsidenten Wolfgang Katzian („möglichst vielen Arbeitnehmer*innen möglichst lange ihren Arbeitsplatz gesichert“). Die medial verbreiteten „Zwangsurlaubsmaßnahmen“ werden von ihnen nicht einmal in einem Nebensatz erwähnt. Auch auf den Homepages der Arbeitnehmer*innen-Interessensvertretungen ist dazu nichts zu finden.

Höchst verdächtig! Ich, als linker Gewerkschafter stelle die Fragen: Ein „sozialdemokratischer Wermutstropfen“ für den Erhalt der Nettoersatzraten? Oder, ist es der Einstieg erstmal die Kurzarbeiter*innen zum 10- bis 20-prozentigen Lohn- und Gehaltsausfall die Corona-Kosten auch noch durch Urlaubskonsum in produktivschwachen Zeiten aufzubrummen. Für Antworten bin ich dankbar!

* Übernommen vom Trend

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2 Kommentare

  1. „Zwischen zwei Kurzarbeitsphasen wird es mit Zustimmung der Sozialpartner die Möglichkeit zum Personalabbau geben“ ?? Und ich dachte immer, Kurzarbeit soll Personalabbau verhindern? Das finde ich noch schlimmer als den Zwangsurlaub.
    Obwohl der so was in Richtung wie Zeitklau bei Durchrechnungszeiten geht, nicht heute, aber übermorgen …

  2. Danke Anne für deine Aufmerksamkeit. Einerseits hast du recht, dass Kurzarbeit Personalabbau verhindern soll. Aber, bei unserem liberalen Kündigungsrecht – wo jede*r ohne Angaben von Gründen gekündigt werden kann, ist diese Regelung vielleicht sogar eine Sicherheitsschranken. Zustimmung der Sozialpartner*innen heißt auch Zustimmung von ÖGB oder AK, oder auf betrieblicher Ebene Zustimmung des Betriebsrates. Auch wenn mein Vertrauen in die führenden ÖGB- und AK-Funktis und so manch Betriebsrät*in nicht uneingeschränkt ist, hoffe ich doch dass sie nicht so blöd sind.

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