Vom Krisen-Abschluss zur Abschluss-Krise?

Der sogenannte Krisen-KV-Abschluss in der Metallindustrie wurde schon nach wenigen Stunden abgeschlossen. Es geht aber nicht nur um die kapitalistische Krise rund um die metallverarbeitende Industrie, sondern auch um die Krise, die den Kolleg:innen einen deutlichen Reallohnverlust beschert und die Folgewirkung für die gesamte Herbstlohnrunde. Offen ist noch, ob sich damit PRO-GE und gpa nicht auch in eine Mitglieder-Krise manövriert haben.

Die rollierende Inflationsrate des abgelaufenen Jahres lag bei 2,8 Prozent. Die tatsächlich spürbare, weil die großen Preistreiber Wohnen, Energie und Lebensmittel darin untergewichtet sind, liegt noch höher.  Der Metaller:innen-KV-Abschluss über zwei Jahre sieht aber ab November 2025 nur eine Anpassung von 2  Prozent der KV-Mindestlöhne und -gehälter und 1,41 Prozent für die Ist-Löhne und -Gehälter vor. Da im kommenden Jahr nicht von einer durchschnittlichen Inflationsrate unter der 2-Prozent-Marke zu rechnen ist, ergeben die für November 2026 festgelegten 2,1 bzw. 1,9 Prozent-Anpassungen einen weiteren Realverlust. 

Funktionierende Sozialpartnerschaft?

Wie war es möglich, dass es in nur wenigen Stunden zu diesem Ergebnis kam. Zügiges sozialpartnerschaftliches Verhandeln mit schnellem Kompromiss (oder besser Beschiss?) oder wurde dieser still und leise bereits im Vorfeld geschmiedet und der offizielle Verhandlungsstart diente nur als mediale Plattform,weil der Abschluss bereits paktiert war? 

Einige Dinge sprechen leider für Zweiteres: Die fast schon sich gegenseitig “innigen Umarmungen” von den Verhandlungsführer:innen von Wirtschaft und Gewerkschaft. Die Wirtschaft richte aus, dass sie “auf eine Nulllohnrunde verzichten wolle”, so ÖGB-Präsident Katzian, dass er auf “Kreativität setze” und  PRO-GE-Chef Binder, dass “die Inflationsrate kein Mantra sei”. Aber auch die Metaller:innenberatung, wo bereits im Vorfeld auf eine mögliche “Kaufkraftsicherungsprämie” eingeschworen wurde und die es dann genauso und mit dieser kreativen Wortschöpfung gab. Auch das „Vergessen, Verhandlungsteams zu bestimmen” deutet darauf hin.

Von der Krise in die Krise?

Das Ganze wird jetzt als erfolgreicher Krisen-Abschluss verkauft, mit dem Hinweis, dass eine Nulllohnrunde verhindert wurde und zahlreiche gut bezahlte Arbeitsplätze gesichert wurden. Nur wo ist die Sicherung der Arbeitsplätze festgeschrieben? Und wird weiter gekündigt, ist dann der Abschluss null und nichtig?

Klar ist nur, dass es für die Betroffenen mit diesem Abschluss, der über ihre Köpfe hinweg geschlossen wurde, um ihr Auskommen mit ihrem Einkommen geht. Viele sind (berechtigt) wütend und unzufrieden – in der Metallindustrie, aber auch in anderen Branchen. Das zeigen zahlreiche Social-Media-Kommentare, wie “Sorry, die Glaubwürdigkeit ist flöten gegangen”, “Da werden sich jetzt viele den Gewerkschaftsbeitrag von 1% ihres Gehalts sparen.” oder “Kämpfen sieht anders aus”. Und Linz News berichtet tatsächlich schon  von Gewerkschaftsaustritten. Ein solcher ändert aber nichts, im Gegenteil: Wenn die kritischen, wütenden, kampfbereiten Kräfte aus den Gewerkschaften austreten, stärkt das nur die Kapitalseite.

Der Metaller:innen-Abschluss gilt für die Wirtschaftsbosse bereits als Blaupause für die kommenden KV-Auseinmandersetzungen. Für die Gewerkschaften muss das eine Warnung sein. Bei den Verhandler:innen bei den Eisenbahnen stimmt die Richtung, einen echten Teuerungsausgleich anstreben – aber auch die Handelsangestellten, die Beschäftigten in der Sozialwirtschaft und auch die GÖD müssen jetzt Flagge bekennen und aktiv gegen Reallohnverluste ankämpfen – und die Gewerkschaften müssen dafür mobilisieren. Denn derzeit ist es leider anders. Die GPA-Führung betont zwar, dass der Metallabschluss “den besonderen Bedingungen der Branche” geschuldet ist, aber der Zugang, echte Reallohnerhöhungen nur in Branchen zu gewähren, die weniger wirtschaftlich unter Druck stehen, zeigt, dass die Gewerkschaftsführung prinzipiell akzeptiert, dass in der Krise die Beschäftigten zahlen müssen.

Denn werden die berechtigten Ängste der Kolleg:innen nicht aufgegriffen, kann sich ausgehend vom  Metaller:innen-Krisen-KV-Abschluss rasch eine Krise der Gewerkschaften entwickeln. 

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