AK Wien: Mandatswechsel beim GLB

Rabyia Aslan kann leider ihr Wiener GLB-AK-Mandat nicht weiter wahrnehmen. Sie ist eine sehr wichtige politisch fortschrittlich und internationalistisch denkende Person, die sie GLB-Zusammenarbeit mit der DIDF gestärkt hat. Josef Stingl hat für „Die Arbeit“ ihren Nachfolger, dem Solidarität-Personalvertreter Patrick Kaiser interviewt.

Du hast vor kurzem ein GLB-AK-Ratsmandat übernommen. Welche Ziele – insbesondere auch schon für die AK-Wahl 2024 – steckst du dir persönlich?

Seit 2020 darf ich an den AK-Vollversammlungen in Wien als Ersatzrat für Rabiya teilnehmen. Ich habe einige Erfahrungen gesammelt. Vor allem wie man dort auftritt und spricht, wie man vernetzt, aber auch aneckt. Die Vollversammlungen ermöglichen eine breite Debatte. Wir können als kleine Fraktion wichtige Themen artikulieren. Dazu gehören nicht nur unsere Anträge, die je nach Gutdünken der Mehrheitsfraktion angenommen, zugewiesen oder abgelehnt werden, sondern auch die Besprechungen in diversen Ausschüssen, an denen ich nun – neben Oliver Jonischkeit – auch teilnehmen kann. Gerade bei zugewiesenen Anträgen ist oft erweiterte Information an das entscheidende Gremium sinnvoll und notwendig.

Ich betone immer meine kritische Haltung gegenüber der Sozialpartnerschaft. Während die Profite der Konzerne explodieren, hinkt die Lohnentwicklung seit Jahrzehnten hinterher. Die Lebenserhaltungskosten steigen ins Unermessliche, egal ob bei Strom, Gas, Fernwärme, Mieten oder Lebensmittel. Es herrscht Klassenkampf, und zwar ein ungleicher Kampf zwischen allen, die Lohnarbeit brauchen um zu Überleben und denen, die für sich Lohnarbeiten lassen. Derzeit gewinnen die, die für sich arbeiten lassen. Der GLB ist für mich die Vertretung aller die das so nicht akzeptieren wollen. Außerdem steht für mich der GLB als Institution gegen jeden Krieg, welcher immer nur schreckliche Auswirkungen für die breite Bevölkerung hat. Bedingungslose Neutralität und damit die Option, Raum für Friedensverhandlungen zu geben ist die wichtigste friedensstiftende Möglichkeit für mich.

Mein konkretes Ziel für die AK-Wahlen 2024 in Wien ist, als GLB in Wien mit dem dritten – beim letzten Mal knapp verpassten – Mandat endlich als Fraktion in der Wiener AK-Vollversammlung vertreten zu sein. Wir versuchen viele Organisationen wie Junge Linke, DIDF, aber auch anders organisierte Kommunist*innen sowie Sozialist*innen im politischen Kampf einzubinden, um gemeinsam stärker zu werden.

Weg von der Arbeiterkammer, hin zu deinem Beruf. Es herrscht ein Pflege-Personalnotstand. Was muss getan werden und können „verlorene Pflegekräfte“ wieder zurückgewonnen werden?

Ich bin seit 24 Jahren Krankenpfleger, derzeit auf einer Intensivstation und das prägt. Wie bei allen Berufen der Daseinsvorsorge die kurz beklatscht wurden, gibt es ein großes Problem damit, Nachwuchs zu finden. Gerade in der Pflege sieht man sehr gut, wie sich Menschen diesen Bereich nicht mehr antun wollen und können. Für die Entscheidungsträger gibt es eine klare Lösung: Qualifikationen verringern und billige ausbrennfähige Dumping-Kräfte. So kann es nicht weitergehen. Es braucht mehr Personal, bessere Arbeitsbedingungen und eine bezahlte Ausbildungsoffensive für hochqualifizierte Spezialist*innen in allen Bereichen der Daseinsvorsorge.

Viele deiner Kolleg*innen arbeiten in Teilzeit und der Arbeitsminister macht scharf gegen Teilzeit?

Die Kolleg*innen entscheiden sich entweder aus individuellen Gründen dafür, nicht, bzw. nicht mehr, Vollzeit zu arbeiten oder sie kapitulieren irgendwann an den Rahmenbedingungen. Letztere sind gefühlt die Mehrzahl. Bessere Arbeitsbedingungen würden wieder viele Menschen in alle Bereiche der Daseinsvorsorge bringen. Teilzeitbeschäftigte in fordernden Berufen indirekt als „faul“ oder „arbeitsscheu“  zu verunglimpfen ist auf jeden Fall zynisch und der falsche Weg.

Im öffentlichen Dienst dominieren die längsten Arbeitszeiten mit 40-42 Stunden die Woche. Gerade die „Mangelberufe“ der Daseinsvorsorge wären bei einer 30-Stunden-Woche mit gleichem Gehalt deutlich attraktiver gegenüber anderen Beschäftigungsverhältnissen. Solange nicht genug Beschäftigte da sind, erhöht dies halt durch Überstunden den Lohn. Insgesamt bildet aber eine 30 Stunden Woche bei vollem Lohnausgleich zumindest ein wenig die Produktivitätserhöhung als auch die Arbeitszeitverdichtung im Dienstleistungsbereich der letzten Jahrzehnte ab.

Was hat bei der Pflege noch Reformbedarf?

Zum einen die Mitbestimmung der Beschäftigten im Betrieb, der Kampf gegen „Union busting“, die Selbstermächtigung von Betriebsräten und Personalvertretungsorganen abseits von rosaroten Parteiorganen. Insgesamt brauchen wir einen Paradigmen- und Systemwechsel. Klassenkampf von unten ist notwendig! Dazu gehört ein größerer, basisdemokratischer und systemkritischer Diskurs über Kampfmaßnahmen, sowohl in der Arbeiterkammer als auch im ÖGB.

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