Herausfordernde Zeiten!

Bettina Prochaska spricht bei einer Kundgebung, Foto: KPÖ

Sämtliche Umfragen bestätigen der KPÖ mit der Doppelspitze Tobias Schweiger und Bettina Prochaska eine reale Chance, die Vier-Prozent-Hürde überspringen zu können. Josef Stingl hat für “Die Arbeit” der Intensiv-Diplom-Pflegerin und KPÖ-Spitzenkandidatin Fragen zu Pflege, Arbeitswelt und Wahlziel gestellt.  

Wo liegt bei der Nationalratswahl dein Themenschwerpunkt?

Ich bin seit 40 Jahren in der Pflege und mit meinen Kolleg:innen habe ich die Covid-19 Krise miterlebt. Im Arbeitskreis Gesundheit und Pflege der KPÖ Salzburg habe ich dann viele tolle Menschen kennengelernt, die – genau wie ich – die Situation in der Pflege verbessern wollen. Mir war klar, dass ich mich politisch engagieren muss, damit sich etwas verändert. Ich bin daher der KPÖ beigetreten und freue mich jetzt das Thema Pflege in den Wahlkampf einzubringen.

Wo muss man deiner Meinung nach dringend ansetzen?

Unsere Arbeit ist psychisch und physisch äußerst herausfordernd. Als Personal, das am intensivsten mit dem Patienten in Kontakt ist, müssen wir schnell auf neue Situationen mit Kompetenz und Empathie auf zum Teil kritische Situationen reagieren. Körperlich ist der Beruf deshalb anstrengend, da insbesondere die Lagerung und die Mobilisation der Patient:innen hohen körperlichen Einsatz abverlangen – genauso wie Nacht- und 12-Stunden-Dienste.  

Die Arbeitsintensität hat stark zugenommen – Pausen sind selten. Insbesondere während der Corona-Pandemie gab es enorme Arbeitsbelastung, das hat viele meiner Kolleg:innen dazu veranlasst, den Beruf aufzugeben. Dringliches Ziel ist, diese Belastung zu reduzieren und den Pfleger:innen zu ermöglichen, ihren Beruf ordentlich auszuüben. Das braucht kürzere Arbeitszeit, Dienstplanstabilität und altersgerechtes Arbeiten.

Was heißt das bei der Arbeitszeit?

Mehr Zeit zur Erholung! In 40-Stunden-Vollzeit ist der Beruf für viele nicht mehr machbar. Die Kolleg:innen, die es sich leisten können, gehen in Teilzeit und nehmen somit eine geringe Pension in Kauf. 70 Prozent der Pflegekräfte sind in Teilzeit! Es braucht eine Reduktion der Arbeitszeit, 30 Stunden Dienst am Bett sollten das Ziel sein, ggf. ergänzt um ein paar Stunden Weiterbildung, Supervision etc.

Damit könnte man Teilzeitkräfte aktivieren und hätte am Ende des Tages effektiv mehr Stunden für Patient:innen. Ebenso würde damit der Altersarmut für Pflegekräfte effektiv begegnet. Das ist das Mindeste für den wertvollen Beitrag, den wir jeden Tag für die Gesellschaft leisten.

Wie kann die Dienstplan- Stabilität gesichert werden?

Die angespannte Personalsituation führt bei kleinen Abweichungen zu Personallücken in der Betreuung. Oft wird man in der Freizeit gerufen, aus Kollegialität sagt man nicht Nein. Erholung bleibt auf der Strecke, insbesondere in der Krankheitssaison mit steigenden Patient:innenzahlen ist die Situation besonders belastend. Ausreichende Personalschlüssel und Maßnahmen zur Prävention können die Überlastung des Personals vermeiden. Ein gesetzlich verpflichtender Mindest-Pflegeschlüssel ist daher notwendig und zu finanzieren.

Und wie stellt du dir altersgerechtes Arbeiten vor?

Vom starken Arbeitsdruck sind ältere Kolleg:innen am stärksten betroffen. Viele klagen über Schlafstörungen, Verdauungsprobleme, Nervosität, Gereiztheit – insbesondere nach Nachtdiensten. Es braucht Modelle, um ältere Kolleg:innen zu entlasten. Den Beruf bis 65 Jahre in Vollzeit auszuüben, ist realitätsfremd. Daher braucht es die Ausweitung der Schwerarbeitspension und die Möglichkeit, mit 60 Jahren ohne Abschläge in Pension gehen zu können!

Was braucht es noch?

Das von der Regierung beschlossene „zusätzliche Gehalt“ muss in den KV integriert werden. Leider haben nicht alle Pflegeberufe diese Gehaltserhöhung erhalten. Hier muss nachgebessert werden. Die wichtigen Tätigkeiten der 24-Stunden-Betreuung werden oft durch Betreuer:innen aus dem Osten erbracht, vermittelt über Agenturen, bei denen es immer wieder schwarze Schafe gibt. Es braucht hier einen ordentlichen Mindestlohn und ein konsequentes Vorgehen gegen Scheinselbständigkeit.

Ein brennendes Thema ist für uns Gewerkschafter:innen die Lohnnebenkosten-Debatte?

Alle Gehaltsbestandteile – also auch die Dienstgeberbeiträge – werden letztendlich von den Arbeitnehmer:innen selbst erarbeitet und sind somit Teil des Lohns. Eine Senkung der Lohnnebenkosten ist daher eine Gehaltskürzung.

Wenn der sogenannte Arbeitgeberanteil kleiner ist, werden die daraus versicherten Sozialleistungen ebenfalls geschmälert. Das ist ein Angriff auf den Sozialstaat und Umverteilung zugunsten der Profite der Unternehmen. Ich lehne die Kürzung der Lohnnebenkosten daher ab.

Abschließend dein Wahlziel?

Der Einzug wird schwierig, ist aber erreichbar und bedeutet eine starke Vertretung der Pflege im Nationalrat. Wie die letzten Umfragen gezeigt haben, stehen wir bei knapp der Vier-Prozent-Hürde. Es zählt daher jede Stimme!

Teilen

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*