Lebensmittel, Treibstoff, Strom, Gas, Urlaub, usw. – alles ist teurer. Die Betriebsrät*innen haben sich bereits Anfang September 2022 gemeinsam mit den KV-Verhandler*innen aller Gewerkschaften und Branchen auf einen heißen Herbst eingestimmt. Die bisher geforderten 1700 Euro waren im Jahr 2018 etwas anderes als heuer und nächstes Jahr. Daher „2000 Mindestlohn für alle“ lautete die neue Devise.
Zumindest metrologisch war ein heißer Herbst eingekehrt. Die Höhe der neuen KV-Mindestlöhne fiel leider etwas lauer aus, denn gleich nach der Betriebsrät*innenkonferenz waren sich die Unternehmen branchenübergreifend einig, dass die 2000 Euro nicht in die (Lohn)Tüte kommen soll. Lieber verhöhnten sie mit lächerlichen Erst- und reallohnverlustreichen Zweit- und Drittangeboten.
Positiver Ansatz der Gewerkschaftsverhandler*innen, sie durchbrachen teils eingefahrene Rituale indem sie verstärkt auf die unteren Einkommensbezieher*innen Rücksicht nahmen und vermehrt Mindest-Eurobeträge verlangten und erzielten. Positiv erwähnenswert sind auch die betroffenen Kolleg*innen, die sich durchaus streikbereit für höhere Löhne zeigten- In den Ordensspitäler, bei der Bahn, bei der Telekom und bei den Brauereinen legten die Kolleg*innen tatsächlich ihre Arbeitskraft still.
Weniger gut war, dass es die Gewerkschaftsverhandler*innen nicht über das Herz brachten sich von der jahresdurchschnittlichen rollierenden Inflation zu verabschieden. Da die aktuelle Inflation weit höher liegt und die des täglichen und wöchentlichen Bedarfs noch höher kommt es trotz KV-Erhöhungen zu einem schmerzlichen Wertverlust der Arbeitseinkommen. Die Abgeltung der gestiegenen Leistung stand so wieder an, ebenso eine Arbeitszeitverkürzung.
Ebenso vernachlässigt wurde ein branchenübergreifendes Vorgehen und ursprünglich geforderte 2000 Mindestlohn für alle. Bei den rund 40 KV-Abschlüssen seit September erreichten nur fünf in allen Beschäftigungsgruppen die 2000 Euro (drei davon waren allerdings schon vorher darüber). Einige kratzen zumindest knapp an der 2000er-Grenze, andere allerdings liegen deutlich darunter, sodass sie diese magische Grenze wahrscheinlich auch im nächsten Jahr nicht erreichen werden, sondern frühestens 2025,
Negativ anzumerken ist ebenso, dass in einigen Branchen – so auch die ÖBB – gleich für zwei Jahre abgeschlossen wurde. Eine Eigenschwächung, weil der verlängerte Rhythmus von immer öfter notwendigen Arbeitskampfmaßnahmen entwöhnt. Positiv dafür ist, dass sich die Gewerkschaft vida bei der Eisenbahn auf eine Mitgliederabstimmung setzte. Ein Beispiel, für das wir alle kämpfen können.
(Für die Sondernummer der GLB Zeitung „Die Arbeit“)
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