„Die Finanzierung der Rettungsmaßnahmen erfolgt zu Lasten der Vielen und zum Vorteil weniger“, sagt der Ökonom und Lektor an der Wirtschaftsuniversität Wien Martin Schürz.in einem MOMENT-Interview. Auch konservativere Expert*innen schließen sich dem an: „Das Coronavirus macht auch vor den Reichen nicht Halt. Allerdings gelang es einigen wenigen Milliardär*innen, ihr Vermögen noch weiter zu vergrößern“, so Marie-Sophie Steinbach auf www.finanzen.net.
Schon vor der Krise war der Reichtum nicht gerecht verteilt: Laut Arbeiterkammer besitzt das reichste Prozent der Bevölkerung 41 Prozent, die reichsten zehn Prozent bereits zwei Drittel (66 Prozent) des Gesamtvermögens. Fast gänzlich leer geht die ärmere Hälfte der Bevölkerung aus, sie „besitzt“ nur drei Prozent des Vermögens.
Zusammengefasst: Während es also wenige, aber Gewinner*innen der Krise gibt, gibt es abertausende Verlierer*innen: die Kurzzeitbeschäftigten, die Arbeitslosen, die kleinen Selbstständigen, die Kleinunternehmen und die EPUs. Frauen sind durch Homeoffice und Homeschooling doppelt belastet und Künstler*innen sowie Veranstalter*innen sind mit einem de facto Berufsverbot belegt.
Ungerechten Verteilungsdrahl fortsetzen…
Geht´s nach den Herrschenden, dann ein klares JA. Paradebeispiel ist der Görg-Angriff. Der ehemalige Wiener ÖVP-Boss will eine Solidarabgabe von den Pensionist*innen. „Warum soll die von der Coronakrise finanziell ungeschoren vorbei kommen“, so sein schwarz-türkiser Denkansatz. Wem wundert`s, die NEOS applaudieren und die Grünen schweigen.
Das System hat seine Grenzen erreicht. Viele wissen es, verharren aber in einer Schockstarre, denn Alternativen zum derzeitigen Verteilungssystem werden verschwiegen oder als unmoralisch gebrandmarkt. Und doch gibt es Konzepte einer radikalen Schubumkehr. Bei weiten ist dies noch lange nicht ein Sofortverfall in den (oft unbegründet gefürchteten) Kommunismus.
… oder Umverteilung auf allen Ebenen
Niemand bestreitet, dass die Hilfsmassnahmen Steuergeld verschlingen. Nur, wer zahlt und wer bekommt? Eine „radikale Antwort“ auf das Bezahlens liefert ATTAC. Sie verlangt Vermögen ab 100 Millionen Euro mit 30 Prozent und ab einer Milliarde mit 60 Prozent einmalig zu versteuern. Die Armutsstatistik wird damit nicht belastet, denn der „Ärmste“ der derzeitigen 42 österreichischen „Jetzt-Milliadär*innen“ hätte immer 400 000 000 Euro Vermögen. Aber mit deren „Solidarbeitrag“ würden 83 Milliarden Euro gesellschaftlich umverteilt.
Außerdem, die OECD verweist jährlich darauf, dass die Steuerbelastung bei Vermögen in wenigen Ländern so niedrig ist wie in Österreich. Laut Arbeiterkammer würde die Steuer zwischen 4,8 und sechs Milliarden Euro im Jahr einbringen. Das ist sechsmal mehr, als die Mindestsicherung im Jahr kostet.
Nicht zu vergessen, mehr und mehr Firmen erzielen immer höhere Gewinne durch weniger und weniger an menschlicher Arbeit. Für eine zukunftsträchtige Finanzierung des Solidarstaates muss es aber umgekehrt laufen und Dienstgeberbeiträge der SV sind auf eine Wertschöpfungsabgabe aller Unternehmungen umzustellen.
Neue Umverteilungsschritte bedarf allerdings es nicht nur bei Vermögen, Steuern und Abgaben. Während die Wertschöpfung deutlich gestiegen sind, ist die Zahl der Arbeitsstunden und damit auch der Vollzeitarbeitsplätze deutlich gesunken. Automatisierung und Digitalisierung drohen das weiter zu verschärfen. Die radikale Verkürzung der Arbeitszeit auf 30-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich ist daher keine linke Sozialträumerei, sondern nur der Einstieg in die Neuverteilung der Arbeit.
(veröffentlicht in der GLB-Zeitschrift „Die Arbeit“ Nr.4/2020)
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