Nachhaltiger Metaller-KV?

Anfangs verwirrend war, warum beim sogenannten Metaller*innen-Kollektivvertrag die IST- um 3,55 Prozent und die Mindestlöhne- und -gehälter nur um drei Prozent steigen. Das sei unlogisch und entspricht nicht der üblichen Praxis und ich verlangte bei Pro-Ge und GPA um Aufklärung. Von der FB-Redaktion der GPA kam folgende Antwort: „… die IST-Erhöhung bekommen ALLE KollegInnen, die momentan in der Branche arbeiten, (…) weil sie während der Corona-Krise auch besonders belastet waren. Diese Erhöhung ist nachhaltig.“

Okay, die Logik des Abschlusses ist damit erklärt, es tun sich dafür andere Dilemmas auf:

  • Erst einmal, dass dadurch der Begriff (unbeabsichtigt oder beabsichtigt?) IST-Lohn vernebelt wird. Denn auf einmal gelten alle am 1. November aufrechten Arbeitsverhältnisse, egal ob mit KV-Lohn bezahlte oder jene mit Überzahlung als Ist-Lohn-Arbeitsverhältnisse.
  • Aber auch weil bei Dienstbeginn nach dem 1. November der 0,55-prozentige „Corona-Bonus“ nicht zuerkannt wird. Viele von dieser „neuen Dienstnehmer*innen wird urchaus auch „in ihrer alten Firma“ von Corona besonders belastet gewesen sein. Hier wird bewusst Neid geschaffen, gespalten und entsolidarisiert. Das Argument, dass der Unterschied mit dem etwas mehr als halben Prozent euromäßig dafür nicht viel zu gering ist, stimmt vielleicht heuer, aber verschärft sich jährlich durch die zinseszinsartige Auswirkungen nächster KV-Lohnrunden.
  • Wird das neu begonnene Spiel höherer „IST-“ und niedriger KV-Löhne in den nächsten Jahren noch fortgesetzt, dann potenziert sich dieser Zinseszinseffekt noch gewaltig, Die Unternehmen können sich dann einerseits über den Entsolidarisierungsgewinn freuen und andererseits wird sicherlich „der Anreiz zu mehr Druck für Änderungskündigungen“ geweckt.
  • Ein mögliches Problem dieses Abschlusses ist, dass die Arbeitswelt schnelllebig ist. „Von der Lehre bis zur Pensionierung in einem Betrieb“, das gibt es nicht mehr. Das Durchwandern mehrerer Arbeitsverhältnisse wurde zur Normalität. Ebenso, dass die neuen Anstellungen nicht mehr mit einer Überzahlung, sondern mit dem KV-Lohn beginnen. Der sogenannte „IST-Lohn-Bonus“ wird rasch für viele wieder verloren sein. Nachhaltig bleibt daher nur ein abgeflachter KV-Lohn.
  • Offen ist auch die Frage, wie sich diese prozentuell unterschiedliche Lohnerhöhung für Zeitarbeitskräfte auswirkt. Meines Erachjtens, ziemlich sicher nicht, dass sie bei ihrer „branchenmäßig üblichen“ Entlohnung mit der 3,55prozentigen IST-Lohn-, sondern mit der niedrigeren 3prozentigen KV-Lohn-Variante bedient bedient werden.

Dies Interpretationsspielräume sind leider noch nicht einmal das Ende der Fahnenstange. Ein mögliches Szenario kann auch sein, dass im nächsten Jahr – in der Hoffnung weniger Corona-Freunden verteilen zu müssen – das Spiel einfach umgedreht wird und der KV-Lohn etwas stärker als Ist-Lohn angehoben wird und so der heurige „Corona-Bonus“ wieder weg geschmelzt wird. Dann bleibt von der Nachhaltigkeit nur mehr, dass der heurige „0,55-Prozent-Zuschlag“ ein Jahr lang zur Täuschung der öffentlichen Meinung diente.

Abschließend, der Abschluss der Metaller*innen hat bekanntlich „Vorbildwirkung“ für nachfolgende KV-Abschlüsse. Bleibt abzuwarten, woran die sich orientieren: An dem 3prozentigen Plus der Mindestlöhnen oder dem dreieinhalb prozentigen Metallermodells?

PS: Inhalt des KV-Abschlusses ist die Ausdehnung der Sonntagsarbeitsmöglichenkeit. Die ohnehin vier gesetzesmöglichen Abeitssonntage werden um sechs weitere erhöht. Das heißt nichts anderes, dass in der Mdetallindustrie jetzt bereits jeden fünften Sonntag gebuggelt werden darf. Von Nachaltiger Sonntagsuhe kann hier auch nicht mehr gesprochen werden.

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